Positionen #127

POSITIONEN – Texte zur aktuellen Musik presents and goes into dialogue with contemporary music and cultural practices both in the German-speaking area and internationally. The journal was founded by Gisela Nauck and Armin Köhler in former East Germany in 1988 and presents thematically oriented issues with essays, portraits, interviews, and specials as well as a variety of “Positionen” (“Positions”): Comments on contemporary discourses in recordings, books, festivals, concerts, exhibitions as well as musical aspects in e.g. the visual arts, fashion, and performance.

The Berlin-based cultural journal is published four times a year. In addition, articles and reviews are published online, too. POSITIONEN also has a digital archive that makes older contributions available to several academic and public libraries. The international perspective is also emphasized through the publication of international articles that are translated into German. POSITIONEN strives to strengthen critique and discourse around new music and to connect the areas of musicology and cultural journalism. Intending to encourage and foster future generations of writers, POSITIONEN regularly organizes workshops in critical writing in collaboration with universities and festivals.
Since 2019 POSITIONEN has been published and edited by Andreas Engström and Bastian Zimmermann, assisted by a Berlin-based Creative Crowd as well as several international correspondents.

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Margarethe Maierhofer-Lischka   ## Quo Vadis Netzmusik?

Made in the DDR – Beobachtungen und Reflektionen: Jakob Ullmann, Michael von Hintzenstern, Frank Kämpfer, Susanne Stelzenbach, Ralf Hoyer, Ellen Hünigen, Ekkehard Klemm, Burkhard Glaetzner

Raphael Jacobs   Wir beginnen spielerisch mitzuschreiben – Ein Online-Tagebuch zu den Lockdown-Jams der Bastard Assignments

Susanne Westenfelder   Tonal ist, was du draus machst – Wie man in atonaler Musik die Subdominante findet

Juliane Schwarz-Bierschenk   Einfach BOOM gemacht – Musikalische Zeitgenoss*innen in Chemnitz

Anna Schürmer   Was archiviert wird – ist vergangen? Die Musik(geschichte) der DDR in Dokumenten, Aufzeichnungen und Nachlässen

SPECIAL

Anna Schürmer   ABC-DDR – Ein enzyklopädisches Glossar

POSITIONEN

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1988 wurde dieses Heft von Gisela Nauck und Armin Köhler in Leipzig gegründet. Es wird erzählt, dass – beide im Edition Peters-Verlag arbeitend – noch etwas Papier einer anderen Produktion übrig war. Die Wende kam schon bald und das Heft ging mit Gisela Nauck in die Wiedervereinigungsjahre nach Berlin. Die Positionen standen seither auch immer für ein Insistieren auf die Werke von Komponierenden aus der ehemaligen DDR.

Zusammen mit Anna Schürmer – jüngst an die Uni Halle als wissenschaftliche Mitarbeiterin an die Brückenprofessur ›Musik und Medien‹ berufen – haben wir einen Schwerpunkt konzipiert, in dem wir explizit das reiche Erbe der Positionen aufgreifen. Schürmer selbst hat das diesmalige Special verfasst: Ein etwas augenzwinkerndes Glossar ABC-DDR zu den gesellschaftlichen wie musikalischen Begrifflichkeiten jener Zeit.

War es zu Beginn die Idee der Ausgabe, der Herkunft der Positionen zu huldigen und ein Gefühl für die Zeit und die Ästhetiken an die jüngere Leser*innengeneration weiterzugeben, haben sich neben einer kulturpolitischen Perspektive nach und nach auch Fragestellungen herauskristallisiert, die allgemeiner das Erinnern befragen – die »DDR« als ein bezeichnendes Beispiel, als ein Sprungbrett zu Fragestellungen der zeitgenössischen Kulturgeschichte. Was wir wollen ist weder Ostalgie noch ein naives Wiederentdecken – sondern ein Wiedererkennen.

Wenige Musikszenen werden so übersehen, wie die im Osten Deutschlands. Kulturpolitisch ist das katastrophal, kunstgeschichtlich problematisch. Ersteres wird durch die im Heft verstreuten Beobachtungen von Ereignissen und Reflektionen zu Ästhetiken einiger Protagonist*innen der »mittleren Generation« bestätigt. Ellen Hünigen formuliert hier, dass »nach der Wende […] ein seltsames Loch in Wahrnehmung und Interesse bei Veranstaltern, Festivals, Radiosendern, Redakteuren, Ensembles, Dirigenten etc. [entstand]«. Auch historisch bestätigt sich dies in Schürmers Interview mit Barbara Wiermann und Kathrin Bircher von der Musikabteilung der Sächsischen Landesbibliothek in Dresden. Sie sagen, dass »mit der Generation geht das Wissen um eine andere deutsche Musikkultur unter; es fehlen dann Menschen mit eigenen Erfahrungen in diesem anders organisierten und gestalteten Musikleben.«

Was war, lebt aber doch weiter – die Vergangenheit greift immer in die Gegenwart ein. Beispiel dafür ist das Stadtporträt: Die Ethnologin Juliane Schwarz-Bierschenk schaut auf die Entwicklungen in Karl-Marx- Stadt, heute Chemnitz, die schon lange als Subkulturmusikstadt bekannt ist und nun als Kulturhauptstadt 2025 ausgerufen wurde. Flankiert wird dieses Porträt von den Karl-Marx-Selfies des Chemnitzer Künstlers Andrzej Steinbach. Dank geht auch an die Künstlerin Henrike Naumann, die uns einige Ansichten ihrer idiomatischen Installationen, auch fürs Cover, zur Verfügung stellt!

Wir wünschen also viel Spaß und Anregung bei der Lektüre und Sichtung des Hefts 127!

Bastian Zimmermann, Anna Schürmer & Andreas Engström